Rißbildungen in Astbereichen bei bewitterten Hölzern

Das Phänomen, dass bei bewittertem Holz die Äste und Holzkerne häufig zuerst aus der Mitte heraus reißen, lässt sich durch die spezifische Struktur und die physikalischen Eigenschaften des Holzes erklären. Hier sind die Hauptgründe:

1. Unterschiedliche Dichte und Materialeigenschaften

  • Astholz (Kernholz) vs. umgebendes Holz: Die Äste eines Baumes, auch als Astholz oder Kernholz bezeichnet, sind im Vergleich zum umgebenden Splintholz dichter und härter. Diese Dichteunterschiede führen dazu, dass sich das Astholz und das umgebende Holz unterschiedlich auf äußere Einflüsse wie Feuchtigkeit, Temperatur und mechanische Belastungen verhalten.
  • Schwundverhalten: Astholz neigt dazu, stärker zu schwinden und sich zu verziehen als das umgebende Holz, wenn es Feuchtigkeit aufnimmt oder verliert. Dadurch entstehen Spannungen an der Grenze zwischen Astholz und umgebendem Holz.

2. Feuchtigkeitsaufnahme und Trocknung

  • Feuchtigkeitsdifferenzen: Holzkerne und Äste trocknen in der Regel langsamer als das umliegende Holz, was zu ungleichmäßigen Feuchtigkeitsverteilungen führt. Während der Trocknung oder bei wechselnden Witterungsbedingungen zieht sich das Holz unterschiedlich stark zusammen. Dies verstärkt die Spannungen im Holz, die vor allem im Bereich der Äste und Kerne auftreten.
  • Spannungsrisse: Diese Spannungen führen häufig zu Rissen, die an den Übergängen zwischen Astholz und dem umgebenden Holz auftreten. Da die Äste aus der Mitte heraus die stärksten Spannungen erfahren, reißen sie zuerst.

3. Mechanische Belastungen

  • Konzentrierte Spannungen: Die geometrische Struktur des Astes führt dazu, dass mechanische Spannungen im Holz an der Stelle des Astansatzes konzentriert werden. Diese Konzentration begünstigt das Auftreten von Rissen, insbesondere unter den wechselnden Belastungen durch Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen und mechanische Einflüsse wie Wind oder Druck.
  • Befestigung des Astes: Der Ast sitzt im Holz wie ein „Nagel“ und ist fest im Holz eingebettet. Bei Belastungen wirkt das Astholz wie ein Widerstand, der das umgebende Holz schwächt, und so entstehen Risse um den Ast herum, die sich oft von der Mitte des Astes aus nach außen ausbreiten.

4. Witterungseinflüsse

  • Frost-Tau-Zyklen: Bei bewittertem Holz, das regelmäßig Frost-Tau-Zyklen ausgesetzt ist, kann gefrierende Feuchtigkeit in den Poren des Holzes zusätzlichen Druck auf das Holz ausüben, was zu weiteren Rissen führen kann. Diese Effekte sind oft im Astbereich stärker, weil hier die Feuchtigkeitskonzentration höher ist.
  • UV-Strahlung: UV-Strahlung kann die Ligninbestandteile des Holzes zersetzen, was das Holz spröder macht und es anfälliger für Risse macht, insbesondere im Astbereich, wo das Holz ohnehin stärker beansprucht wird.

Fazit

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Risse im Astbereich von bewittertem Holz durch eine Kombination aus unterschiedlichen Materialeigenschaften, ungleichmäßiger Feuchtigkeitsaufnahme und -abgabe, mechanischen Belastungen und witterungsbedingten Einflüssen entstehen. Diese Faktoren führen dazu, dass die Spannungen im Holz rund um die Äste besonders hoch sind und das Holz dort zuerst reißt, oft beginnend in der Mitte der Äste.

Charles Knepper

öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Handwerkskammer Halle/Saale seit 1997

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